Don’t keep it too simple!

Wissenschaft und Öffentlichkeit – Das Verständnis fragiler und konfligierender Evidenz. Bild: Helmholtz
Wissenschaft und Öffentlichkeit – Das Verständnis fragiler und konfligierender Evidenz. Bild: Helmholtz

Es gibt eine Anekdote zu Chaim Weizmann, Chemiker aber eher bekannt als erster israelischer Staatspräsident, und Albert Einstein. Beide reisten gemeinsam über den Atlantik in die USA. Weizmann wurde später gefragt, worüber sie sich unterhalten hätten. „Während der gesamten Reise erklärte Einstein mir die Relativitätstheorie.“ „Und, was hatten Sie für einen Eindruck?“ „Ich bin überzeugt, er hat sie verstanden.“

Diese Anekdote sorgte am Mittwoch in einem Hörsaal der Universität Münster für ein Lachen in den Reihen der Zuhörer. Hier wurden in einem Symposium Projekte aus dem Schwerpunktprogramm „Wissenschaft und Öffentlichkeit: Das Verständnis fragiler und konfligierender Evidenz“ vorgestellt. Das Schwerpunktprogramm geht damit nach sechs Jahren Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft zu Ende.

Die Projekte im Schwerpunktprogramm sind wie ein Kaleidoskop und ich selbst, gefühlt Zuschauer von außen und gleichzeitig als Praktiker eine Art Studienobjekt, war erstaunt und habe viele Denkanstöße für die eigene Arbeit mitgenommen. Da gab es Untersuchungen zu der Frage: Wie gehen Journalisten mit Nicht-Wissen und Unsicherheiten um? Oder: Wie einfach oder plakativ sollten Texte für Laien zu wissenschaftlichen Themen geschrieben sein? Oder: Wie bestimmen unsere eigenen Überzeugungen die Wahrnehmung einer wissenschaftlichen Debatte? Die Ergebnisse sind auf der Website des Programms nachzulesen.

„More research is needed“

Die Anekdote um Weizmann und Einstein wurde für mich zur Take-Home-Message: Es geht um Vertrauen, um eine überzeugende Expertise, um Authentizität. Und, wie eine Referentin es in einem anderen Satz auf den Punkt brachte: Don‘t keep it too simple!

Das Forschungsprogramm ist etwas Besonderes und ihm kommt es meiner Sicht eine große Bedeutung zu. Ohne Zweifel ist die Wissenschaftskommunikation „im Kommen“. Verschiedene Entwicklungen sprechen dafür, nicht zuletzt die Anreizsysteme, die geschaffen werden, um Wissenschaftler zur Kommunikation mit der Öffentlichkeit zu bewegen. Als Beispiel sei hier der „Communicator-Preis – Wissenschaftspreis des Stifterverbandes“ genannt, der von der DFG ausgeschrieben wird. Doch es fehlte eine entsprechende begleitende Forschung. Nun ist wohl ein erster, systematisierender Schritt getan.

Und doch gehe ich etwas enttäuscht aus diesem Symposium. Was ist beispielsweise mit der Evaluation von Kommunikationsmaßnahmen? Lang ist die Liste der Formate, groß die Begeisterung der Praktiker, doch genauso groß manche Enttäuschung, wenn die Zielgruppe nicht das macht, was sie soll, oder die Gelder ausgehen, bevor nachjustiert werden kann. Oft vermisse ich die Nachhaltigkeit, bei dem, was wir tun. Leider habe ich dazu wenige bis keine Impulse mitgenommen.

„More research is needed“, so fasst dann auch Professor Bromme das Symposium zusammen. Und er nennt u.a. ein für mich vollkommen überzeugendes Argument dafür: Verschiedene Organisationen wie eben die DFG oder die Volkswagenstiftung und nicht zuletzt das BMBF bieten in verschiedenen Förderformaten Gelder für Formate der Wissenschaftskommunikation an. Doch auf welcher (wissenschaftlichen) Grundlage wird hier eine Auswahl getroffen? Diese Frage beschäftigt auch uns immer wieder aufs Neue, denn die Ressourcen sind begrenzt, die Erwartungen groß. Immer wieder müssen wir aussortieren, Neues auflegen, trail and error. Seien wir doch mal ehrlich…

Die Zeichen stehen gut, die Wissenschaft ist mitten in der Gesellschaft angekommen. Und so verteilen Rainer Bromme und viele andere Referenten reichliche Portionen Selbstbewusstsein an die Praktiker, denn der Weg ist der Richtige und Wichtige. Schade nur, dass so wenige von ihnen da waren. Ich würde mir wünschen, dass es für uns Praktiker am Ende so etwas wie ein Handbuch gibt. Es könnte einige wesentliche Punkte, einige Dos and Don’ts beinhalten. But please, don’t keep it too simple! Wir wissen: Die Welt ist komplex!

Leser:innenkommentare (1)

  1. Dokumentation | Wissenschaft und Öffentlichkeit – Blog

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