Augenspiegel 33-14: Studien, Kilobot und Falsifikation

Nature-Untersuchung. Bild: Nature
Nature-Untersuchung. Bild: Nature

Gleich zwei jüngst erschienene Studien beschäftigen sich mit dem Verhältnis von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit der Online-Kommunikation. Diese Woche brachte Nature eine Analyse der Nutzung von Sozialen Netzwerken in der Forschung heraus. Für die Studie wurden 3.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 95 Ländern befragt. Die höchsten Nutzungszahlen gab es bei Google Scholar und ResearchGate, einer Art Facebook für Forschende. ResearchGate hat laut eigenen Angaben mittlerweile 4,5 Millionen Nutzer. Wie die Forscher andere Social Media-Dienste wie etwa Facebook und Twitter kennen und nutzen, kann man sich in teilweise interaktiven Grafiken der Nature-Studie ansehen.

Eine bereits Mitte Juli erschienene Untersuchung beschäftigt sich mit der Frage: Was denken ForscherInnen über die Öffentlichkeit und wie beinflusst dies ihr Online-Engagement? Die US-amerikanische Studie befragte 431 Personen. Ein Ergebnis: Versuche, Wissenschaftlern eine höhere Sichtbarkeit in öffentlichen Debatten zu verschaffen, hängen auch davon ab, ob diese sich daran beteiligen wollen, für wie wirksam sie dies halten und welche sozialen Normen sie haben.

Kilobot

Selbstorganisationsprozesse sind spannend: So reichen zum Beispiel drei einfache Regeln, um das Verhalten eines Vogel- oder Fischschwarms im Computer-Modell zu beschreiben. Die Harvard University hat mit solchen Software-Algorithmen nun nicht Punkte in einem virtuellen Raum oder auf einem Monitor ausgestattet sondern eine Horde kleiner Roboter. Diese organisieren sich durch Interaktion miteinander selbst. Da es sich um genau 1.024 der golfballgroßen Miniroboter (abgekürzt „bot“) handelt und 1024 als zehnte Zweierpotenz in den computertypischen Größenordnungsystemen mit „kilo“ abgekürzt wird, sprich die Forschergruppe vom Kilobot. Dieses Video zeigt, wie die kleinen Flitzer vorgegebene Muster nachbauen.

Video: Michael Rubenstein, Harvard University

Experimentieren kinderleicht

Im Youtube-Kanal der britischen Royal Institution gibt es einige sehr schöne Videos, wie man Kinder über einfache Experimente an die Naturwissenschaft heranführen kann. Zwei Beispiele: Singende Weingläser und ballongetriebene Autos.

Video: Royal Institution

Video: Royal Institution

Vsauce

Ein anderer schöner Youtube-Kanal ist Vsauce. Michael Stevens erklärt allerlei Phänomene – zum Beispiel den Zufall

Video: Michael Stevens

Falsifikation

In Diskussionen darüber, was eine Naturwissenschaft ist (und was nicht), wird oft das Poppersche Wissenschaftsbild herangezogen. Insbesondere wird demnach die Falsifizierbarkeit als notwendiges Kriterium jeder naturwissenschaftlichen Theorie genannt. Das heißt: Eine Theorie muss Voraussagen machen, die überprüfbar sind. Treten die Voraussagen im Experiment ein, ist die Theorie nicht widerlegt. Umgekehrt kann ein anders ausgegangenes Experiment die Theorie widerlegen, also falsifizieren. Doch dieses Bild der Naturwissenschaften aus den 1930er Jahren ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Auch unabhängig von (radikal) konstruktivistischen Ansätzen reicht die Falsifizierbarkeit alleine als Bedingung nicht aus. Warum das so ist, hat der Hamburger Physiker Joachim Schulz diese Woche in seinem Blog aufgeschrieben.

Blog-Empfehlung der Woche

Die wissenschaftliche Fachzeitschriften-Familie PLOS (Public Library Of Science) betreibt ein Blogportal, in dem es ein schönes Blog zu Bürgerwissenschaften gibt: das CitizenSci Blog. Darin stellen die Autorinnen und Autoren unter anderem immer wieder Fachaufsätze vor, deren Ergebnisse auch mit Citizen Science-Ansätzen zustande kamen.

Kurz verlinkt

Ozeanforscherinnen und -forscher sind heute in See gestochen, um Kaltwasser-Korallenriffe zu untersuchen. Sie berichten über ihre Forschungsmission in einem Blog. Cory Doctorow berichtet diese Woche, dass ein kolumbianischer Student einer Gefängnisstrafe entgegen sehe, weil er einen wissenschaftlichen Aufsatz zur Biodiversität veröffentlicht hat. Der Inhaber des Urheberrechts an dem Artikel hatte Anzeige erstattet. Das kolumbianische Urheberrecht sehe hierfür seit 2006 eine Gefängnisstrafe vor. Der Tagesspiegel berichtet derweil über Hetze im Internet gegen Gender-Forscherinnen. Eine sehr unschöne Entwicklung.

Die Augenspiegel-Kolumne

Die wöchentliche Kolumne „Augenspiegel – Webfundstücke rund um die Wissenschaft“ erscheint freitags im Blogportal der Helmholtz-Gemeinschaft. Darin stellt Henning Krause, Social Media Manager in der Helmholtz-Geschäftsstelle, Internetfundstücke aus dem Web 1.0 und dem Web 2.0 vor, die zeigen, wie sich der gesellschaftliche Diskurs um Wissenschaft im Internet abspielt: neue Kommunikationsformen, neue Technologien und Kommunikationskulturen. Dabei spielen Blogs, Apps, Facebook, Youtube und Twitter eine Rolle – anderseits auch Internet-Meme, Shitstorms und virale Videos.

Kommentar hinzufügen

Verwandte Artikel