Der lange Weg zum ersten Tauchgang

Das Tauchteam in Aktion, gerade taucht der Einsatztaucher auf. Foto: AWI-Tauchteam

Von Cornelia Roder, Christoph Walcher, Marco Warmuth & Philipp Fischer

Hallo liebe LeserInnen des AtkaXpress! Vielleicht habt ihr in der Zwischenzeit gerätselt, was wohl aus dem Tauchteam geworden ist. Wir waren ja während unsere Zeit auf Neumayer III weitgehend abgetaucht – also nicht nur hier im Blog, sondern im wahrsten Sinne des Wortes in der Atkabucht. Nun aber von vorne: Als wir im November an der Neumayer Station angekommen waren, haben uns nicht nur die Überwinterer herzlichst aufgenommen, sondern es erreichte uns auch gleich die Kunde, dass es in dieser Saison mehr als drei Meter dickes Meereis gäbe.

Das Tauchteam in Aktion, gerade taucht der Einsatztaucher auf. Foto: AWI-Tauchteam
Das Tauchteam in Aktion, gerade taucht der Einsatztaucher auf. Foto: AWI-Tauchteam

Frohen Mutes und in Erwartung der bevorstehenden Arbeit und Tauchgänge haben wir zunächst unser provisorisches Tauchlager aufgebaut, in dem wir unsere Ausrüstung aufbewahren, waschen und aufhängen können und den Kompressor zum Füllen unserer Tauchflaschen in Betrieb genommnen. Wir haben uns ein Labor eingerichtet, in dem wir Wasser filtrieren und Proben anderweitig bearbeiten können. Außerdem hat uns das Bauteam im Keller der Neumayer Station einen Raum in die Kellerwand, die hier ja aus Schnee besteht, gesägt, sodass wir unsere Aquarienanlage temperaturstabil aufbauen können. Zeitgleich sind wir mit Kettensägen, Brechstangen und diversen selbstgebauten Rammen aufs Meereis hinausgefahren, um uns Zugang zur Unterwasserwelt zu verschaffen.

Zunächst einmal mußten dort aber anderthalb Meter Schnee entfernt werden. Hier hat uns Markus aus dem Überwintererteam seine Fähigkeiten im Schneeschieben mit dem Pistenbully zuteil werden lassen, was uns eine ganze Menge Zeit gespart hat. Wir möchten gar nicht dran denken, wie lange es gedauert hätte, den Schnee per Hand wegzuschaufeln… Dann haben wir Schicht für Schicht das Meereis mit der Kettensäge in Stücke geschnitten, mit der Brechstange herausgebrochen und mit Hilfe des Pistenbully-Krans aus dem Loch gehievt.

Schon nach einem halben Metter begann immer wieder, Wasser in das Loch einzudringen. Also mussten wir nebenher noch unsere Tauchpumpe zum Einsatz bringen. Ab einer Lochtiefe von anderthalb Metern mußte man dann schon eine Leiter benutzen, immer rein und wieder raus klettern, sägen, brechen, heben, schleppen. Nach einer scheinbar unendlichen Zeit waren wir aber letztendlich an unserem späteren ersten Tauchloch durchs Meereis gebrochen und mussten dann noch fünf Meter dickes, sogenanntes Plättcheneis, lose Eisscheiben, die unter dem Meereis anhaften, mit einem Netz und Käschern aus dem Tauchloch fischen.

Das war doch sehr anstrengend und so haben wir trotz des hervorragenden Essens von Koch Frank hier auf der Station bei dieser körperlichen Anstrengung kein Gramm zugenommen. Bei insgesamt also acht Meter dickem „Eis“ waren wir für zwei Tauchlöcher nahezu drei Wochen lang beschäftigt, um uns sichere Ein- und Ausstiege unter das Eis herzustellen. Als wir dann beihnahe fertig waren, kam einer dieser berüchtigten antarktischen Stürme und mit seiner Drift hat er unsere gesamte Tauchstelle unter einem weiteren Meter Schnee vergraben, sodass an dem Tag nach dem Sturm es an der Tauchstelle eigentlich so aussah, als hätten wir nie dort gearbeitet. Nach einer kurzen Woge der Frustration hatten sich unsere Befürchtungen, dass wir komplett neu anfangen können, nicht bewahrheitet und wir haben es, dank der Hilfe von Markus und seinem Pistenbully – geschafft, unseren Zugang unter das Eis wieder freizulegen.

Nach drei Wochen schweißtreibender Arbeit war es dann soweit: zwei sichere Tauchlöcher, komplett durchbrochen, endlich bereit, genutzt zu werden. Natürlich haben wir alle erstmal einen Checktauchgang gemacht, um die Ausrüstung in Aktion zu testen, um unter das Eis zu gucken, und um einmal von Loch zu Loch zu tauchen, natürlich an unserer Leine, die unsere (Sprach-)Verbindung zur Oberfläche ist.

Getaucht wird nach unseren geltenden berufsgenossenschaftlichen Sicherheitsvorschriften GUV-R 2112 mit einem einsatzbereiten Sicherungstaucher an der Oberfläche, der bei Bedarf zum Einsatztaucher ins Wasser geschickt werden kann, um Hilfe zu leisten. Die dritte Person, der sogenannte Taucheinsatzleiter, macht das Tauchteam komplett. Er kümmert sich um die Leinenführung und die Kommunkation mit dem Einsatztaucher, hilft beim An- und Ablegen der Ausrüstung und stellt sicher, dass beide Taucher vollständig ausgerüstet sind.

Zu Beginn der Taucharbeiten haben wir zunächst unsere Tauchlöcher mit einer sog. Laufleine verbunden. Diese benutzen wir auch als sogenanntes Transekt, um in regelmäßigen Abständen Proben nehmen zu können. Dann haben wir unsere Sonden und Logger ausgebracht. Für unsere Probenahmen haben wir uns hier in der Werkstatt noch alle möglichen Geräte gebaut, um nicht nur Proben unter dem Eis, sondern zum Beispiel auch in den Plättchen zu bekommen. Gleich in den ersten Tauchtagen und nach wenigen Tests haben wir bereits fleißig Proben gesammelt. Der Filtrationsapparat im Labor lief auf Hochtouren und unsere Festplatten wurden jeden Tag um Videotransekte und Fotodokumentationen reicher. Die gesammelten Tiere hälterten wir in unseren Aquarien im „Eiskeller“ bei -1.8°C und wir können sagen, dass alles nach Plan lief.

Die Unterwasserwelt der Atkabucht, das Plättcheneis bildet eine einzigartige Landschaft. Foto: AWI-Tauchteam
Die Unterwasserwelt der Atkabucht, das Plättcheneis bildet eine einzigartige Landschaft. Foto: AWI-Tauchteam

Neben der rein wissenschaftlichen Arbeit soll hier nun aber auch mal die Schönheit der Natur unter dem Eis erwähnt werden. Unter dem Meer- und Plättcheneis der Atkabucht sieht es einfach absolut spektakulär aus. Es ist – bis auf unsere Tauchlöcher – wirklich komplett dunkel, aber die Plättcheneisdecke funkelt und blitzt, wenn unsere Tauchlampen darauf scheinen. Die Struktur des Plättcheneises ist auch nicht eben, sondern bildet große herabhängende Dome und sieht ein bisschen hügelig aus. Es ist wirklich einzigartig!

Nach der fünften Expeditionswoche, also kurz vor Weihnachten, hatten wir eine gute Tauchroutine entwickelt und die meisten unsere Proben genommen. Zur Belohnung nahmen wir uns nach Weihnachten zwei Tage frei. Dann ging es weiter bis in das neue Jahr hinein und es wurden noch weitere Tauchgänge gemacht, um die Daten zu komplettieren, Eiskerne gezogen sowie einige Videotransekte und Zählungen durchgeführt.

Und dann war es leider auch schon wieder soweit. Das provisorische Tauchlager wurde wieder abgebaut, das Tauchequippment in Kisten gepackt und die Tauchsaion in der Atkabucht wurde beendet.

Nun sind wir wieder auf dem Weg nach Hause, also auf dem Weg nach Helgoland, wo wir Mitte Januar ankommen werden – um schon die nächste Tauchsaison an der Neumayer-Station III zu planen.

Bis dahin Cornelia Roder, Christoph Walcher, Marco Warmuth & Philipp Fischer

 

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Leser:innenkommentare (2)

  1. trojan

    fotos ! mehr fotos bitte !

  2. Christl

    Möchte mich trojan anschließen – bitte postet noch mehr Bilder :-)! Die „Schönheit der Natur“ ist sicherlich gleichermaßen gigantisch wie beeindruckend. Auch finde ich es interessant, was ihr so alles mit einer Kettensäge anstellt… Viele Grüße!

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