Schneeproben: Ein ziemlich kompliziertes Unterfangen

Schneedrift an der Neumayer-Station (Foto: Elke Ludewig).

Liebe Atka-Leser,

leise rieselt der Schnee … manchmal haben wir dieses Glück, dann stürmt es nicht und die ganze Umgebung wird zugedeckt mit frischem Weiß. Leider musste ich feststellen, dass dieser Schnee kalt und trocken ist und so gar nicht zum Schneemannbauen taugt, aber für die Wissenschaft ist dieser Schnee von besonderer Bedeutung. Bevor die nächste Schneedrift einsetzt, liegt es im Aufgabenbereich des Luftchemikers beziehungsweise in dem des Atmosphären-Teams, diesen einzusammeln. Oft werden wir auch von unseren lieben Geowissenschaftlern unterstützt, wenn zeitgleich wichtige Reparaturen zu erledigen sind. Wichtig ist hierbei, dass wirklich nur der neugefallenen Schnee gesammelt wird, der sich nicht mit Drift oder Altschnee vermischt hat – und das kommt gar nicht so häufig vor.

Die Schneeprobennahme ist ein ziemlich kompliziertes Unterfangen. Der einfachste Teil daran ist, ein GPS-Gerät in die Hand zu nehmen. Dann stapfen wir 800 bis 1000 Meter gegen den Wind beziehungsweise in die Windrichtung, aus der der Schnee kam, um eine Verunreinigung durch die Station auszuschließen. Da dies, wie gesagt, nur bei schwachen Windgeschwindigkeiten möglich ist, können wir das als wunderschönen Spaziergang in einer weißen Wüste verkaufen.

Bettina nimmt Schneeprobe (Foto: Elke Ludewig).
Bettina nimmt Schneeprobe (Foto: Elke Ludewig).

Nach 800 bis 1000 Meter knien wir uns nieder und Bettina beginnt nach strenger Vorschrift sich mehrere Lagen Handschuhe anzuziehen, damit wir keinesfalls die Probe kontaminieren. Die zwei Probenbehälter wurden vorher ordnungsgemäß doppelt eingeschweißt und in einem Tonnenbeutel mit den Handschuhen, dem Stift zur Beschriftung der Proben und einer gereinigten Schere aufbewahrt. Die kleinen Probenbecher werden erst hier am Ort der Probenahme aus ihren Hüllen geschnitten und geöffnet. Dabei muss man höllisch aufpassen, dass kein Fitzelchen Plastik davon fliegt, besonders, wenn man die sterilen Handschuhe auspackt. Ein kleiner Windhauch und schwupps muss man mal schnell die Beine in die Hand nehmen und den Plastikhandschuh wieder einfangen! Das macht meistens Elke.

Bettina öffnet das versiegelte Equipment für die Schneeproben (Foto: Elke Ludewig).
Bettina öffnet das versiegelte Equipment für die Schneeproben (Foto: Elke Ludewig).

Haben wir alles angelegt, tragen wir vorsichtig mit dem Probenbecher die frische Neuschneeoberfläche ab, bis der Becher voll ist. Das machen wir zweimal, für eine A- und für eine B-Probe, die als Rückversicherung dient, falls mit der A-Probe irgendetwas nicht stimmen sollte, oder falls mehr Analysen gemacht werden als ursprünglich geplant waren. Anschließend verpacken wir alles wieder in speziellen Tüten. Dann bestimmen wir noch die Höhe der Neuschneeschicht sowie die Beschaffenheit des Schnees, das heißt ob es sich um grieselige, körnige oder sechseckige Schneeflocken handelt. Nach getaner Arbeit gibt es dann meist eine Pulverschneeschlacht, Bälle kann man ja leider nicht formen, und so oft finden wir hier auch keinen fluffigen lockeren Schnee.

Dann geht es zurück zur Station. Dort werden die Probenbecher wieder mehrfach eingeschweißt, beschriftet und markiert, im Kühlhaus bei -25 Grad eingelagert und am Ende der Überwinterung nach Bremerhaven und Heidelberg geschickt. Dort werden die Neuschneeproben auf verschiedene Ionen untersucht, unter anderem Sulfat, Nitrat, Chlorid, Natrium, Ammonium, Bromid, aber auch schwefelhaltige Verbindungen wie Methansulfonsäure. Diese Parameter dienen zur Bestimmung, woher eine Luftmasse kam, ob die festen, winzig kleinen Bestandteile dieser Luftmassen, sogenannte Partikel, ursprünglich aus dem Meer oder aus menschengemachten Quellen stammen. Sie geben zum Beispiel Aufschluss über jahreszeitliche Zyklen, Stoffkreisläufe und vieles mehr. Kleine Proben mit großem Nutzen!

Schöne Grüße,

Bettina & Elke

Leser:innenkommentare (2)

  1. Reiner

    Hallo Bettina, hallo Elke, liebe Üwis,
    ich freue mich sehr über Eure Initiative, die Daheimgebliebenen über Eure Arbeit im Detail zu informieren. Was heißt es schon „wir erforschen dies“ und „wir analysieren das“, da kann ich mir alles Möglich drunter vorstellen. Aber im Detail zu wissen, was Eure Arbeit im Detail bedeutet, warum muss man auf dies und das achten, ist für mich sehr interessant. Dass dabei noch Zeit für ein bisschen Spass bleibt, ist doch sehr erfreulich.
    Hier in Bayern geht der Sommer übrigens rasant seinem Ende entgegen. Heute ist es zwar sonnig, aber bei Temperaturen unter 8° brauche ich im offenen Roadster schon die Sitzheizung ;-)).
    Herzliche Grüße
    Reiner

  2. Gregor

    Interessanter Vorgang. Wie sieht es rechtlich aus, bei der Entnahme von Schnee? Unterliegt dies irgendwelchen Rechten? Grundstückseigentümer? Wasserschutz, etc.?

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