Sturm, Mast und Rentier
Schon wieder ist die Zeit so schnell vergangen, dass wir kaum bemerkt haben, dass wir schon 5 Monate hier oben auf Spitzbergen leben. Der Sommer war sehr turbulent, da die Station dauerhaft voll belegt war. Und auch die letzten zwei Wochen waren im wahrsten Sinne des Wortes stürmisch. Bis auf eine kurze Unterbechung, hatten wir eine ganze Woche lang Sturm und starkes Schneetreiben. Dadurch konnten viele unserer Stationgäste ihre geplante Arbeit im Freien nicht durchführen und mussten eine Zwangspause einlegen. Das blaue Haus war tagsüber schon lange nicht mehr so voll gewesen! Auch mussten vier unserer Gäste ihren Aufenthalt unfreiwillig verlängern, da der Flieger aus Longyearbyen am Donnerstag einfach nicht kommen konnte. Erst am Samstag war der Flugverkehr wieder möglich.
An der AWIPEV Station haben wir viele Projekte und Instrumente. Eines der langjährigen Projekte ist die Permafroststation Bayelva in der Nähe des gleichnamigen Flußes Bayelva. Zu der Permafroststation gehört auch ein 10 Meter langer Gradientenmast.
Online werden regelmäßig automatisch die Daten aller Sensoren abgerufen. Doch auf einmal brach die Datenverbindung Sonntags um 4 Uhr morgens ab. Zufälligereweise war gerade Steffen, der für die Bayelva-Station zuständige Ingenieur hier bei uns. Als ein paar Tage später eine kleine Sturmpause eintrat, nutzte Steffen die Gelegenheit und besichtigte die Permafroststation. Und was er berichtete, war verblüffend: Der 10m Gradientmast war einfach spurlos verschwunden! Die Kabel und die Verankerung abgerissen, aber ansonsten einfach nicht zu finden. Leider kehrte der Sturm dann wieder zurück, sodass eine Such-und Bergungsaktion weitere Tage warten mussten.
Als dann am nächsten Wochenende das Wetter sich endlich besserte, konnten wir nach Bayelva aufbrechen. In der Ferne sahen wir dann ein Rentier, welches sich kaum bewegte und den Kopf die ganze Zeit nach unten neigte.
Wir liefen zum Rentier und stellten fest, das es sich mit seinem Geweih in den Kabeln verheddert hatte. Vorsichtig näherten wir uns und warteten ab, bis sich das Tier an unsgewöhnt und beruhigt hatte. Dann konnten wir die Kabel abschneiden und so das Rentier befreien. Es war unverletzt und lief schnell davon. Wir waren glücklich das Rentier befreit und auch unseren Mast wiedergefunden zu haben.
Was aber in Wirklichkeit geschehen ist, ob nun der Wind oder das Rentier den Mast umgeworfen und mehrere 100 Meter weit getragen hat, können wir nicht sagen. Das wird wohl das Rästel von Bayelva bleiben.